Zwangsvollstreckungsrecht

Das Zwangsvollstreckungsrecht der Bundesrepublik Deutschland ist das Recht der Anwendung staatlicher Gewalt zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Ansprüche des Gläubigers gegen den Schuldner auf Grundlage eines vollstreckbaren Titels (Beitreibung). Oder allgemein: Zwangsvollstreckung ist ein staatliches Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung oder Sicherung von Ansprüchen eines Gläubigers gegenüber einem Schuldner.Justizministerium NRW, Recht von A - Z


Die Zwangsvollstreckung darf in den meisten Rechtsordnungen auf Grund des staatlichen Gewaltmonopols nur durch staatliche Stellen betrieben werden. Die eigenmächtige Durchsetzung auch von berechtigten Forderungen ist nur in den engen Grenzen der erlaubten Selbsthilfe zulässig. In der Regel ist sie rechtswidrig (→Selbstjustiz). Aus dem Verbot der eigenmächtigen Hilfe unter Hintansetzung der zuständigen staatlichen Vollstreckungsorgane ergibt sich im Umkehrschluss der Anspruch des Bürgers auf Rechtshilfe durch den Staat (Justizgewährungsanspruch) zur gebührenden Befriedigung seines Rechtsschutzinteresses. Eine Zwangsvollstreckung wird demnach nicht betrieben, wenn durch Entscheidung des Gerichts im Erkenntnisverfahren der Justizgewährungsanspruch der Parteien bereits erfüllt ist (z. B. bei klageabweisenden Leistungsurteilen, Feststellungsurteilen oder Gestaltungsurteilen). Wird dagegen einer Klage auf Leistung stattgegeben, erlangt der Kläger erst dadurch vollständige Befriedigung, indem seine Forderung beim Beklagten auch beigetrieben wird. Der Beklagte kann jedoch die Zwangsvollstreckung durch Leistung an den Kläger abwenden.

Vollstreckungsarten

Zu unterscheiden von der hier beschriebenen Einzelzwangsvollstreckung ist die Gesamt-vollstreckung: Erstere dient der Befriedigung einzelner Gläubiger aus einzelnen Vermögens-gegenständen des Schuldners, letztere der Befriedigung der Gesamtheit der Gläubiger aus allen Vermögensgegenständen des Schuldners im Rahmen eines Insolvenzverfahrens.


Eine weitere wichtige Unterscheidung ist zwischen der privatrechtlichen Zwangsvollstreckung, mit der privatrechtliche Ansprüche durchgesetzt werden, und der Vollstreckung im öffentlichen Recht (→ Verwaltungsvollstreckung), mit der Verwaltungsakte und Verwaltungsverträge durchgesetzt werden, zu treffen. Charakteristisch für die Verwaltungsvollstreckung ist,
dass aus Verwaltungsakten ohne vorheriges Erkenntnisverfahren vollstreckt werden kann („Selbsttitulierung“) und dass die Vollstreckungsbehörde in der Regel mit der Anordnungsbehörde identisch ist („Selbstvollstreckung“).


Die Strafvollstreckung wird nicht als Zwangsvollstreckung bezeichnet.


Rechtsquellen

Das Verfahren der Einzelvollstreckung ist in Deutschland im 8. Buch der Zivilprozessordnung von 1877 geregelt. Für die Vollstreckung in Liegenschaften werden diese Normen durch das Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von 1897 ergänzt. Die Gesamtvollstreckung findet ihre Festlegung in der Insolvenzordnung von 1994, welche die Konkursordnung von 1877 abgelöst hat. Hat der Vollstreckungsschuldner Gegenstände aus der Haftungsmasse durch Übertragung an Dritte entnommen, um sie dem Zugriff des Vollstreckungsgläubigers zu entziehen, können Rückübertragungsansprüche nach dem Anfechtungsgesetz entstehen.


Verfahrensgrundsätze

Das Vollstreckungsverfahren beginnt nur auf Antrag des Vollstreckungsgläubigers. Der Vollstreckungsgläubiger soll entsprechend seiner Verfügungsbefugnis über den materiellen Gegenstand auch über den Gegenstand eines Prozessrechtsverhältnisses frei disponieren können (→Dispositionsmaxime).


Der Anspruch auf rechtliches Gehör muss im Zwangsvollstreckungsverfahren in der Regel hinter dem Gesichtspunkt der Wirkungsmächtigkeit der Vollstreckung zurücktreten. Dem Vollstreckungsschuldner ist aber die Möglichkeit gegeben, seinen Standpunkt in ausreichender Weise nach Vollendung der Zwangsvollstreckung durch Einlegung eines Vollstreckungsrechtsbehelfs darzutun. Eine Ausnahme sind aber Entscheidungen des Prozessgerichts in Zwangsvollstreckungsverfahren, gegen welche die sofortige Beschwerde statthaft ist. So wird auch dem Vollstreckungsschuldner bei der Vollstreckung vertretbarer Handlungen (mit Ausnahme von Herausgabeansprüchen) und unvertretbaren Handlungen (unter anderem Abgabe von Willenserklärungen, Dulden und Unterlassen) vor dem Prozessgericht rechtliches Gehör gewährt Satz 2 ZPO).


Die Grundsätze der Öffentlichkeit, Mündlichkeit und Unmittelbarkeit finden keine Anwendung.


Vollstreckungsvoraussetzungen

Grundsätzliche Voraussetzung der Einzelzwangsvollstreckung ist für den Vollstreckungsgläubiger ein Vollstreckungstitel, der dem Schuldner zugestellt sein muss.
Im Rahmen der privatrechtlichen Vollstreckung muss der Titel in der Regel mit einer Vollstreckungsklausel versehen (kurz: Vollstreckungsantrag – Titel – Klausel – Zustellung
sind die Voraussetzungen der privatrechtlichen Zwangsvollstreckung).


Aus welchen Titeln die privatrechtliche Zwangsvollstreckung betrieben werden kann, ist im Wesentlichen in der Zivilprozessordnung geregelt. Die wichtigsten Vollstreckungstitel sind:

  • ein Endurteil, welches unanfechtbar (formal rechtskräftig) ist oder für vorläufig vollstreckbar
    erklärt wurde Zivilprozessordnung);
  • ein gerichtlich protokollierter Vergleich;
  • ein Vergleich vor einer staatlich anerkannten Gütestelle;
  • ein Vollstreckungsbescheid aus dem gerichtlichen Mahnverfahren;
  • ein Kostenfestsetzungsbeschluss;
  • eine notarielle Urkunde, in welcher sich der Schuldner vorab der Zwangsvollstreckung unterwirft ZPO); letzteres sind auch Urkunden zur Unterhaltspflicht, die von Urkundspersonen des Jugendamtes erstellt wurden , SGB-VIII).

Aus dieser Aufzählung von möglichen Vollstreckungstiteln wird ersichtlich, dass zur Erlangung eines vollstreckbaren Titels zunächst oftmals ein Erkenntnisverfahren durchgeführt werden muss. Des weiteren sind Vollstreckbarerklärungen von Schiedsprüchen (§ 794 Abs, 1 Nr. 4a ZPO) und außerhalb der ZPO der Zuschlagbeschluss in der Zwangsversteigerung , ZVG) und Insolvenztabelle Abs. 2 S. 1 InsO) hierbei von Bedeutung.


Aus dem Verbot der Selbsthilfe ergibt sich, dass sich der Gläubiger seinen Anspruch keinesfalls selbst titulieren kann (sehr wohl aber kann er den Gerichtsvollzieher anweisen, Kosten und Zinsen zu vollstrecken - eine Prüfung findet nicht statt). Das unterscheidet die Zwangsvollstreckung im Zivilrecht wesentlich von der Verwaltungsvollstreckung. Für die öffentlich-rechtliche Beitreibung eines Verwaltungsaktes, etwa einer Steuerforderung oder einer Polizeiverfügung, genügt als Vollstreckungstitel ein Bescheid bzw. eine Verfügung, die mit Bestandskraft bzw. sofortiger Vollziehbarkeit durch die Behörde vollstreckbar sind. Im Unterschied zur privatrechtlichen Vollstreckung können sich öffentlich-rechtliche Gläubiger durch „Bescheidung“ ihre Titel selbst schaffen (Grundsatz der Selbsttitulierung).


Um die Zuständigkeit von Vollstreckungsorganen im zivilrechtlichen Vollstreckungsverfahren und die zulässigen Vollstreckungsmaßnahmen zu erfahren, muss man nach der Art des Anspruchs, welcher vollstreckt werden soll, fragen und den Gegenstand, in den die Vollstreckung betrieben werden soll, bestimmen.


Das Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Vollstreckungsverfahren stattfinden soll oder stattgefunden hat. Die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts ist eine ausschließliche ZPO). Das Prozessgericht ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs. Es unterscheidet sich vom Vollstreckungsgericht dann, wenn das Landgericht erstinstanzlich zuständig ist (in der Regel bei Streitwerten über 5.000 Euro, die keine Ansprüche aus einem Mietverhältnis oder Streitigkeiten betreffend die Familie darstellen). Innerhalb des Vollstreckungsorgans „Vollstreckungsgericht“ ist funktional für die Zwangsvollstreckung in der Regel der Rechtspfleger zuständig.


Das Grundbuchamt ist eine Abteilung des Amtsgerichts.


Im Unterschied zum Vollstreckungsverfahren des Zivilrechts ist im Verfahren der Verwaltungsvollstreckung Vollstreckungsorgan die Vollstreckungsstelle der jeweils zuständigen Behörde mit ihren Innendienst- und Vollziehungsbeamten (Grundsatz der Selbstvollstreckung).

Einzelne Vollstreckungsmaßnahmen

Die einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen unterscheiden sich ganz erheblich voneinander.

Pfändung und Versteigerung einer beweglichen Sache

Bei der Pfändung einer beweglichen Sache nimmt der Gerichtsvollzieher die Sache, die sich im Gewahrsam des Schuldners befindet, in Besitz. Eine Sache ist im Gewahrsam des Schuldners, wenn dieser die äußerlich erkennbare Möglichkeit hat, unmittelbare tatsächliche Herrschaft über die Sache auszuüben. Auf die Rechtslage betreffend die Sache kommt es dabei (außer bei Offensichtlichkeit) nicht an. Der Gerichtsvollzieher prüft daher nicht, ob die zu pfändende Sache auch im Eigentum des Schuldners steht. Wird eine Sache gepfändet, welche nicht dem Schuldner gehört, kann sich der Eigentümer mit Hilfe der Drittwiderspruchsklage wehren. Ist die zu pfändende Sache im Mit- oder Alleingewahrsam eines Dritten, so ist die Pfändung nur dann möglich, wenn dieser herausgabebereit ist. Auf eine Verpflichtung des Dritten zur Herausgabe kommt es wegen der fehlenden materiellen Rechtsprüfungskompetenz des Gerichtsvollziehrers nicht an. Wenn der Dritte der Ehepartner oder Lebenspartner des Vollstreckungsschuldners ist, wird der Alleingewahrsam des Vollstreckungsschuldners immer dann unterlassen, wenn diese Sache nicht dem ausschließlichen Gebrauch des anderen Ehegatten gewidmet ist (z. B. Kleider der Ehefrau, Krawattennadel des Ehemanns usw.).


Mit der Pfändung tritt die Verstrickung der Sache ein. Das bedeutet, dass der Schuldner über die Sache nicht mehr verfügen darf. Dieses Verfügungsverbot sichern §§ 135, 136 BGB. Strafrechtlich ist die Verstrickung mit dem Tatbestand des Verstrickungsbruchs in § 136 StGB geschützt.


„Inbesitznahme durch den Gerichtsvollzieher“ meint die Begründung unmittelbaren Besitzes (z. B. bei Geld, Kostbarkeiten und Wertpapieren) oder mittelbaren Besitzes. Das den mittelbaren Besitz des Gerichtsvollziehers begründende Besitzmittlungsverhältnis ist öffentlich-rechtlicher Natur; seine Wirksamkeit ist durch die Anbringung von Siegeln („Kuckuck“) bedingt. Der umgangssprachliche Begriff Kuckuck resultiert aus dem auf dem Pfandsiegel zu erkennenden Reichsadler oder später Bundesadler.


Durch die Pfändung erwirbt der Vollstreckungsgläubiger ein Pfandrecht an der Sache, welches ihm die gleichen Rechte verleiht wie ein Faustpfandrecht (= vertraglich bedungenes Pfandrecht). Die Verwertung der Pfandsache erfolgt in Form einer Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher. Er kann die Versteigerung vor Ort durchführen oder über eine besondere Versteigerungsplattform im Internet. Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung zur Internetversteigerung Wertpapiere können zu Börsen- oder Marktpreis durch den Gerichtsvollzieher auch frei Hand veräußert werden.


Zum Schutze des Vollstreckungsschuldners sind unpfändbare Sachen (Auflistung § 811 ZPO) und Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen/Bezüge in § 850ff. ZPO vorgesehen. Die Durchsetzung vollstreckbarer Forderungen wird immer schwieriger. Die Pfändungsschutz-vorschrift des führt in der Sachpfändung dazu, dass es bei rund 7,6 Mio. Pfändungsaufträgen im Jahre 2006 nur noch zu 10.268 Zwangsversteigerungen gekommen istFrank-Michael Goebel RiOLG in der Zeitschrift „Der Rechtsbeistand“ Heft 1/2008, Seite 2.


Wird die avisierte Zwangsvollstreckung offensichtlich erfolglos ausfallen, so stellt der Gerichtsvollzieher eine Unpfändbarkeitsbescheinigung aus.


Pfändung und Überweisung einer Forderung

Bei dieser Art der Zwangsvollstreckung handelt es sich um eine Pfändung bei einem Drittschuldner, also einer natürlichen oder juristischen Person, die ihrerseits dem Schuldner etwas schuldet, z. B. der Arbeitgeber als Drittschuldner den Lohn an den Vollstreckungs-schuldner. Das ganze geschieht mit Hilfe eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB), in welchem sowohl der Schuldner als auch der Drittschuldner zu benennen sind.

Am bekanntesten sind in diesem Zusammenhang zu nennen:

  • Lohn- und Gehaltspfändung
  • Pfändung laufender Sozialleistungen
  • Pfändung von Kontoguthaben
  • Pfändung von Lebensversicherungsansprüchen
  • Pfändung von Schadensersatzansprüchen.

Bei der Pfändung von Lohn- und Gehaltsansprüchen sind zum Schutze des Schuldners die Freigrenzen aufgrund der Pfändungstabelle ZPO) zu beachten. Die Pfändungstabelle berücksichtigt hierbei auch angemessene Unterhaltspflichten, d. h., der Pfändungsfreibetrag ist bei unverheirateten Personen ohne Kinder geringer als bei bestehenden Unterhaltszahlungspflichten. Wenn allerdings wegen einer dieser Unterhaltspflichten selbst gepfändet wird, gelten die gesetzlichen Freigrenzen nicht. Stattdessen ist dann vom Gericht im Einzelfall ein angemessener Freibetrag, der unterhalb der Tabelle liegt, anzusetzen ZPO).


Laufende Sozialleistungen (Geldleistungen) sind mit Ausnahme von Sozialhilfe wie Arbeitseinkommen pfändbar SGB-I). Dies betrifft z. B. Renten, Krankengeld, Arbeitslosengeld usw. Allerdings gilt als Besonderheit, dass keine Sozialhilfebedürftigkeit eintreten darf.


Soweit Kontoguthaben gepfändet werden, hat beim Eingang von Sozialleistungen auf einem Girokonto der Kontoinhaber einen 7-tägigen Pfändungsschutz SGB-I). D.h., auch wenn das Konto gepfändet ist, darf der Kontoinhaber Sozialleistungen binnen 7 Tagen abheben, erst danach ist das entsprechende Guthaben nicht mehr geschützt.


Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung in das unbewegliche Vermögen

Gesetzliche Regelungen finden sich im ZVG sowie, soweit im ZVG keine besonderen Regelungen getroffen sind, in der ZPO.

Allgemeine Vorschriften (§§ 1ff. ZVG):

Vollstreckungsorgane sind für die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist, als Vollstreckungsgericht (§ 1 ZVG) und dort funktionell der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 1 RPflgG)

Grober Überblick:

durch die Zwangsversteigerung (§§ 15ff. ZVG) soll der Wert des Grundstückes selbst erlöst werden; ähnlich wie bei §§ 814ff. ZPO wird der Erlös nach Abzug der Kosten zur Befriedigung an den Gläubiger zugeführt,

durch die Zwangsverwaltung (§§ 146ff. ZVG) wird dem Schuldner die Verwaltung des Grundstücks entzogen und auf einen Zwangsverwalter übertragen; der Gläubiger erhält Befriedigung aus den Nutzungen des Grundstücks, z. B.: Bei einem Hotel unter Zwangsverwaltung werden die Erlöse aus Beherbergung und Restauration durch den Zwangsverwalter an den Gläubiger abgeführt.

Der Gläubiger hat gemäß § 866 Abs. 2 ZPO die freie Wahl, ob er die Vollstreckungs-möglichkeiten allein oder nebeneinander ergreifen möchte.


Arrest und einstweilige Verfügung (Einstweiliger Rechtsschutz)

Bisweilen ist das Rechtsschutzbedürfnis so dringend, dass ein gewöhnlicher Zivilprozess viel zu spät käme. In besonders dringlichen Fällen kann daher ein Anspruch auf einstweiligen Rechtsschutz bestehen.

Die ZPO kennt hierzu zwei Grundarten:


Arrest
(§§ 916ff. ZPO): Zur Sicherung der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.


Einstweilige Verfügung
(§§ 937ff. ZPO): Sicherung eines (Individual)anspruchs, der nicht auf Geld gerichtet ist (Handeln, Dulden, Unterlassen). Ziel ist die Sicherung des Rechts bzw. das Treffen einer vorläufigen Regelung.

Bei beiden Verfahren handelt es sich summarisch um ein Erkenntnisverfahren. Dies bedeutet, dass keine umfassende Sachverhaltsklärung stattfindet; das Gericht hat den Prozessstoff in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich mit der gleichen Dichte zu prüfen, wie im gewöhnlichen Verfahren. Im Gebrauch kommt der Einstweilige Verfügung die überragende Bedeutung zu, so dass ihr das Hauptaugenmerk gewidmet werden soll.


Rechtsbehelfe des Vollstreckungsschuldners

Die wichtigsten Vollstreckungsrechtsbehelfe sind die Vollstreckungserinnerung, die sofortige Beschwerde, die Drittwiderspruchsklage, die Klage auf vorzugsweise Befriedigung und die Vollstreckungsabwehrklage. Die Vollstreckungserinnerung und die sofortige Beschwerde
rügen formale Fehler im Vollstreckungsverfahren. Die Drittwiderspruchsklage, die Klage auf vorzugsweise Befriedigung und die Vollstreckungsabwehrklage betreffend Mängel im Vollstreckungsgrund oder Vollstreckungsgegenstand. Die Rechtsbehelfe im Vollstreckungsverfahren dürfen keinesfalls mit den Rechtsbehelfen des Gläubigers zur Erlangen eines vollstreckbaren Titels verwechselt werden.


Im Falle der Abänderungsklage nach § 323 ZPO (z. B. auf Herabsetzung titulierten Kindesunterhalts) ist statt einer Vollstreckungsabwehrklage die "Vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung" analog § 769 ZPO geboten.


Der Gerichtsstand (örtliche Zuständigkeit) der Vollstreckungsorgane ist ausschließlich. Er kann weder durch die Parteien abbedungen werden, noch steht eine Wahl zwischen allgemeinen und besonderem Gerichtsstand offen.


Sofortige Beschwerde

Hauptartikel: Sofortige Beschwerde

Die sofortige Beschwerde findet gegen Entscheidungen in Zwangsvollstreckungsverfahren, die ohne mündliche Verhandlung ergehen können statt. Der Begriff der „Entscheidung“ ist von dem Begriff der „Art und Weise der Zwangsvollstreckung“, deren Mängel im Rahmen der Vollstreckungserinnerung geltend gemacht werden, abzugrenzen. Prägend für eine Entscheidung ist, dass ein Vollstreckungsorgan die Gründe, welche für und wider einen bestimmten Beschluss sprechen, gegeneinander abwägt. Obliegt dem Vollstreckungsorgan von Gesetzes wegen keine Abwägung, wie es beim Gerichtsvollzieher der Fall ist, ist stets die Erinnerung der statthafte Rechtsbehelf. Hat umgekehrt das Prozessgericht die Vollstreckung durchzuführen, ist nur die sofortige Beschwerde statthaft. Bei Akten des Vollstreckungsgerichts ist zu unterscheiden: Wurde das beiderseitige Parteivorbringen durch das Vollstreckungsgericht gewürdigt, muss im Rahmen der Anfechtung durch sofortige Beschwerde das Beschwerdegericht über den vorgetragenen Sachverhalt Beschluss fassen. Eine nochmalige Würdigung durch das Vollstreckungsgericht im Rahmen der Erinnerung wäre sinnlos. Wird dem Vollstreckungsschuldner rechtliches Gehör gewährt, wird die Vollstreckung stets zu einer Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, die vor dem Beschwerdegericht anzufechten ist, selbst dann, wenn das Vollstreckungsorgan rechtliches Gehör aus Gründen der Effektivität der Vollstreckung hätte gar nicht gewähren dürfen (z. B. das Vollstreckungsgericht bei Pfändung von Forderungen). Umgekehrt ist jede Vollstreckung ohne Gewährung eines rechtlichen Gehörs eine Maßnahme, die durch die Vollstreckungserinnerung gerügt werden muss. Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluss.


Wichtig ist, dass gegen Entscheidungen des Grundbuchamtes als Vollstreckungsorgan nicht die sofortige Beschwerde nach ZPO, sondern die einfache Beschwerde nach § ff. GBO statthaft ist.


Vollstreckungserinnerung

Hauptartikel: Vollstreckungserinnerung

Im Verfahren der Vollstreckungserinnerung werden Maßnahmen von Vollstreckungsorganen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung betreffen und keine Entscheidung eines Vollstreckungsorgans darstellen (siehe dazu: sofortige Beschwerde), gerügt. Die Vollstreckungserinnerung ist nicht nur bei Mängeln im vom Gerichtsvollzieher zu beobachtenden Verfahren statthaft, sondern auch bei Vollstreckungsmaßnahmen anderer Vollstreckungsorgane.

Die Art und Weise des Vollstreckungsverfahrens betreffen:

  • sämtliche allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Antrag, Vollstreckungstitel, Vollstreckungsklausel, Zustellung);
  • die Zeit der Vollstreckung;
  • den Ort der Vollstreckung;
  • die Art und Weise der Vollstreckung;
  • den Umfang der Vollstreckung und
  • ob das tätig werdende Vollstreckungsorgan überhaupt zuständig ist bzw. ob die gewählte Vollstreckungsart rechtmäßig ist.

Keine richtige Zeit wäre bei Vollstreckungshandlungen an Sonn- und Feiertagen gegeben.
Eine Vollstreckung wäre z. B. an einem falschen Ort, wenn ein Gerichtsvollzieher eine Sache pfändete, welche im (Mit-)Gewahrsam eines nicht herausgabebereiten Dritten stünde. Gegen die zulässige Art und Weise verstieße ein Gerichtsvollzieher z. B., falls er ohne die erforderliche richterliche Anordnung eine Wohnung wider den Willen des Hausrechtsinhabers beträte. Der rechtmäßige Umfang einer Vollstreckung wäre überschritten, wenn das Vollstreckungsorgan Pfändungsschutzvorschriften zugunsten des Vollstreckungsschuldners missachtete, wenn z. B. der Gerichtsvollzieher wegen einer Geldforderung unpfändbare Sachen pfänden würde oder das Vollstreckungsgericht Lohnforderungen gegen den Arbeitgeber über das zulässige Maß hinaus verstricken würde. Die Rechtmäßigkeit des Vollstreckungsverfahrens überhaupt wäre z. B. betroffen, wenn ein Gerichtsvollzieher Grundstückszubehör pfändete, obwohl die Fahrnisvollstreckung nicht anwendbar ist. Mit der Vollstreckungserinnerung kann auch eine Weigerung des Gerichtsvollziehers, einen Vollstreckungsauftrag zu übernehmen, gerügt werden. Das Vollstreckungsgericht entscheidet über die vom Antragsteller vorgebrachten Tatsachen durch Beschluss. Gegen diesen Beschluss ist eine sofortige Beschwerde möglich (nicht zu verwechseln mit der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen eines Vollstreckungsorgans).


Drittwiderspruchsklage

Hauptartikel: Drittwiderspruchsklage

Die Drittwiderspruchsklage kann ein Dritter, welcher weder Vollstreckungsgläubiger noch -schuldner ist, erheben, wenn ihm ein die Veräußerung hinderndes Recht an einer Sache oder einem Recht zusteht, die gepfändet worden ist. Die Drittwiderspruchklage ist das Korrektiv dafür, dass es für den Gerichtsvollzieher bei der Pfändung einer beweglichen Sache nur auf den Gewahrsam an der Sache ankommt und nicht auf etwaige Rechte, die Dritte an der Sache haben. Das gleiche gilt für das Vollstreckungsgericht, das bei der Pfändung einer Forderung auch nicht prüft, wer ihr Inhaber ist. Zwar läuft bei einer Pfändung einer Forderung, welche dem Schuldner nicht gehört, die Pfändung ins Leere, jedoch hat der Dritte aus Rechtsscheinsgründen ein für die Drittwiderspruchsklage ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis. Unter einem „die Veräußerung hindernden Recht“ ist ein Recht zu verstehen, welches eine Veräußerung durch den Vollstreckungsschuldner zu einem widerrechtlichen Eingriff in den Rechtskreis des Dritten machen würde. Ein Gegenstand, an dem ein „die Veräußerung hinderndes Recht“ besteht, gehört nicht zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners und ist daher auch nicht der Zwangsvollstreckung in dessen Vermögen unterworfen. Ein solches Recht ist vor allem das Eigentum eines Dritten an der Sache oder die Inhaberschaft einer Forderung, aber auch der Nießbrauch, die Grundschuld oder eine Hypothek.


Klage auf vorzugsweise Befriedigung

Hauptartikel: Klage auf vorzugsweise Befriedigung

Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung findet statt, wenn einem Dritten ein Pfandrecht an der Sache zusteht, welches ihn nicht zum Besitz berechtigt (besitzloses Pfandrecht) oder ein Vorzugsrecht an der Sache zusteht. Auch die Klage auf vorzugsweise Befriedigung ist ein Korrektiv für die Unbeachtlichkeit der Rechtslage an der Sache bei der Pfändung. Solche besitzlosen Pfandrechte sind das Pfandrecht des Vermieters an den Sachen des Mieters, das Pfandrecht des Verpächters an den Sachen des Pächters und den Früchten der Pachtsache, das Pfandrecht des Gastwirts an den eingebrachten Sachen des Gastes und das Pfandrecht des Frachtführers an dem Gut. Erhebt der Dritte Klage auf vorzugsweise Befriedigung, kann er die Pfändung der Sache, an welcher er ein besitzloses Pfandrecht oder ein Vorzugsrecht hat, nicht verhindern. Er darf sich lediglich an dem Erlös der Versteigerung oder des Verkaufs vor anderen Gläubigern vorzugsweise befriedigen.


Vollstreckungsabwehrklage

Hauptartikel: Vollstreckungsabwehrklage

Die Vollstreckungsabwehrklage oder auch Vollstreckungsgegenklage genannt findet statt, wenn der Vollstreckungsschuldner Einwendungen und Einreden gegen den titulierten Anspruch anführt. Sie wird auch die „Anfechtungsklage“ des Vollstreckungsrechts genannt. Die Vollstreckungsabwehrklage ist nicht dazu da, dem Vollstreckungsschuldner die Chance zu geben, Verteidigungsmittel nachzuholen, welche in der mündlichen Verhandlung nicht oder nicht rechtzeitig vorgetragen wurden und daher präkludiert sind. Die Gründe, auf denen die Einwendung oder Einrede beruht, dürfen erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sein; anderenfalls ist die Klage unbegründet. Bei den Gestaltungsrechten ist streitig, ob die Einwendung mit dem Zeitpunkt, in dem das Gestaltungsrecht objektiv entstanden ist (z. B. bei der Aufrechnung die Entstehung der Aufrechnungslage) oder der Zeitpunkt der Ausübung des Gestaltungsrechts rechtlich maßgeblich ist. Der durch Urteil titulierte Anspruch wird im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage nicht mehr geprüft, da er zwischen den Parteien von der subjektiven Rechtskraft erfasst ist. Bei Titeln, von denen keine Rechtskraft ausgeht (vollstreckbare notarielle Urkunde), unterliegt die Prüfung der Einwendungen und Einreden keiner Beschränkungen. Dabei sind auch die Voraussetzungen der Ansprüche, gegen die Einwendungen oder Einreden geltend gemacht werden, zu erörtern.